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Konrad Zuse – genialer Erfinder und großartiger Mensch
Der Schöpfer des ersten programmierbaren Computers
Konrad Zuse
Konrad Zuse wird heute fast einhellig auf der ganzen Welt als Schöpfer des ersten programmgesteuerten und frei programmierbaren Rechners in binärer Gleitpunktrechnung, der wirklich funktionierte, anerkannt. Diese Maschine – Z3 genannt – vollendete er 1941 in seiner kleinen Werkstatt in Berlin-Kreuzberg. Die Z3 kann, mit minimalen
Einschränkungen, als der Prototyp des ersten modernen Computers bezeichnet werden (www.zuse.de). Konrad Zuse entwickelte auch den ersten Zeichenautomaten der Welt: Den programmgesteuerten Zeichentisch Graphomat ZUSE Z 64, der in der Entwicklung des ersten Schnittmuster-Gradiersystems eine wichtige Rolle gespielt hat.
Neckermann-Geschäftsführer Dieter Heßland und Konrad Zuse
trafen sich im September 1962
Der neu entwickelte rechnergesteuerte Zeichentisch ZUSE Z 64 wurde als Weltneuheit auf Computermessen angeboten. Er war zunächst für das Vermessungswesen konzipiert. Neckermann-Geschäftsführer Dieter Heßland hatte auf einer Elektronikmesse in München eine Maschine gesehen, in dem eine Maschine das Bild einer Sekretärin zeichnete. „Ich glaubte, dass eine solche Maschine möglicherweise auch Schnitte zeichnen könnte.“ Heßland brauchte als Geschäftsführer der Neckermann Bekleidungswerke dringend Hilfe für die hoffnungslos überlastete Schnitt-Gradier-Abteilung in der Arbeitsvorbereitung der Neckermann Bekleidungsfertigung in Frankfurt. Diese Tätigkeit bedarf einer exzellenten Spezialausbildung. Hier herrschte absoluter Personalmangel –
in der Zeit des beginnenden Wirtschaftswunders. Heßlands Idee, einen Automaten statt Mitarbeiter einzusetzen, führte ihn zu Konrad Zuse. Der konzentrierte Gedankenaustausch verlief für Dieter Heßland erfolgreich. Konrad Zuge sagte zu, dass er sich der Idee anschließen könnte. Oben ist die Kopie einer Aktennotiz des Herrn Heßland an Herrn Joseph Neckermann über das Verhandlungsergebnis zu sehen. Herr Neckermann gab grünes Licht, obwohl er von einem Erfolg nicht überzeugt war. „Grundsätzlich neige ich dazu, ja zu sagen. Meistens kommt nicht allzu viel dabei heraus. Laut Exposé scheint mir die Angelegenheit doch interessant zu sein.“ Eine Fachgruppe wurde bei ZUSE zusammengestellt. Die Entwicklungsarbeiten am System ZUSE Z 451 liefen 1963/64 an.
Das System ZUSE Z 451
Automatisches Größenverändern und Ausschneiden von Schnittmustern
Im Februar 1968 wurde das System den Inhabern und den Schnittexperten der deutschen Bekleidungshersteller innerhalb von drei ganztägigen Seminaren im Werk in Bad Hersfeld präsentiert. Ich war als zuständiger Schnittexperte in Begleitung meines Arbeitgebers unter den geladenen Gästen. Lesen Sie unten, wie es nach der ZUSE-Systemvorstellung mit mir weiterging.
Die 3 Hardware-Komponenten
1. Haromat zur Digitalisierung der Schnittkonturen einer Ausgangsgröße und zur Eingabe von Gradierregeln zur Erzeugung der übrigen Größen. Die erzeugten Konturkoordinaten und die erwähnten Befehle wurden auf dem angeschlossenen Fernschreiber protokolliert und auf Lochstreifen gespeichert.
2. Zentraleinheit ZUSE Z 25 mit Lochstreifenein- und ausgabe. Die Aufgaben: Grundschnitte und Gradierdaten zu erstellen und die Modellschnittteile in Bezugnahme auf die Gradierregeln berechnen. Steuerdatenlochstreifen für den Plotter errechnen und ausgeben.
3. Zeichenautomat ZUSE Z 64 G4/S zum Ausschneiden und Beschriften der gradierten Modellschablonen. Mit Lochstreifen. Eingabebilder der Komponenten finden Sie oben in der Foto-Slide-Show.
Meine Rolle in der ZUSE KG
Die ZUSE-Systemvorstellung 1968 in Bad Hersfeld hatte mich tief beeindruckt. Ich dachte über eine beruflich neue Weichenstellung nach. Mein Bericht an die Geschäftsleitung meiner Firma REIKO, Hannover fiel negativ aus: ‚Sehr interessant für die Zukunft, aber für die DOB noch nicht einsetzbar.‘ Privat habe ich mich nach wenigen Tagen intensiver Überlegungen mit einem einseitigen Brief an die ZUSE KG gewandt: • Ich hätte die Systemvorstellung besucht. • Wäre von der Ausbaufähigkeit, auch im DOB-Bereich überzeugt. • Ich sei an einer Mitarbeit im Entwicklungsteam interessiert. Ich formulierte einige Sätze über meine bisherige Berufslaufbahn. Nach wenigen Tagen erhielt ich eine Einladung auf den ZUSE-Stand auf der Hannover-Messe 1968. Das Gespräch mit den Herren auf dem Messestand verlief für mich sehr positiv.
Am 1.10.1968 kappte ich meine Tätigkeiten in der Bekleidungsindustrie und wechselte zu einem Computer-Hersteller. Für mich ein großes Wagnis. Ich war aber nach Abklärung meiner Aufgaben im Team vom Gelingen überzeugt.
Das Entwicklungsteam war bisher mit erstklassigen Mathematikern und Diplom-Ingenieuren besetzt. Das erfolgversprechende Schnittmustersystem brauchte jetzt aber einen praxiserfahrenen Schnittspezialisten.
Wir hatten uns gesucht und gefunden. Mit dem ZUSE Z 451-System strebten wir ein universelles Gradierprogramm an, das für den erfolgversprechenden Einsatz in der HAKA, DOB und Kinderbekleidung geeignet war. Uns gelang es, ein Gradierprogramm zu entwickeln, dessen Flexibilität und technische Leistungsfähigkeit im weltweiten Vergleich führend wurde und das viele Jahre blieb. Anfang 1971 mussten wir leider mit der Auflösung unserer Abteilung beginnen. Der damalige Eigentümer, die Firma SIEMENS AG, hatte beschlossen, die „Graphische Datenverarbeitung” aus dem Programm zu nehmen. Alle Akten sollten vernichtet werden. Ich durfte als einziges Team-Mitglied, das aus der Bekleidungsindustrie stammte, die mich interessierenden Akten privat mitnehmen.
Ende Juni 1971 wurde die Existenz der ZUSE KG beendet. Mir wurde eine Tätigkeit in der SIEMENS-Zentrale in München angeboten. Ich verzichtete. Ich trat meinen neuen Dienst bei einem ZUSE-Kunden, der Firma EUROLOG Service GmbH in Hamburg an. Ein Ingenieurbüro-Dienstleister, der das Z 451-System dort schon als Schnitt-Service-Unternehmen in Betrieb genommen hatte. Ich übernahm die Leitung dieser Abteilung. Die ZUSE-Software war bereits in meinem Besitz. Es lag von Anfang an nahe, dass ich an die Entwicklung eines neuen Digitalisier- und Gradiersystems nachdachte. Die Software musste Hardware-unabhängig sein. Die gelang in relativ kurzer Zeit. So entstand das EUROLOG-Schnitt-Gradiersystem mit den Software-Grundkomponenten von ZUSE und Erweiterungen von EUROLOG, jetzt in Verbindung mit den aktuellen, zukunftsorientierten Hardware-Komponenten von ARISTO Hamburg und Computern von Digital-Equipment Corporation aus den USA.
Prof. Wilhelm Gödecke BT - a.D. April 2017